Nachdem es Anfang November des vergangenen Jahres noch so aussah, als könne es gelingen, eine neues Gesetz mit so weit reichenden Folgen, ohne jegliches Aufsehen in der Öffentlichkeit still und leise durchs Parlament zu schleusen, hat sich das Blatt nun vollständig gewendet.
Gesetze zu verabschieden ist ja neben der Haushaltshoheit die Aufgabe des Parlaments. Dabei sind die Abgeordneten, so jedenfalls sieht es die Verfassung vor, nur ihrem Gewissen verpflichtet. Leider ist die Praxis oftmals der Koalitions- oder Fraktionsdisziplin geschuldet. Ferner kann bei der Fülle der zu fällenden Entscheidungen nicht jeder Abgeordnete alle relevanten Fragen im Blick behalten. Parlamentarischer Alltag ist es also durchaus, eine zur Entscheidungsreife vorbereitete Beschlußvorlage möglichst unfallfrei durchzuwinken.
Immer wieder gibt es Entscheidungen, die eine größere gesellschaftliche Tragweite haben. Ein neues Gesetz einzuführen, das so tief in das Leben (und den Tod) der Menschen eingreift, wie der geplante §217 StGB kann und darf in einer demokratischen Gesellschaft nicht ohne vorherige umfassende Diskussion verabschiedet werden. Das widerspräche der freiheitlich demokratischen Grundordnung unseres Landes ebenso, wie es dem Vertrauen in das Parlament erheblich schädigen würde.
Um das Schlimmste zu verhindern wurde die Initiative „Solidarität statt Selbsttötung“ gegründet, der es gelungen ist, das verschwiegene Thema parallel zur ersten Lesung im Deutschen Bundestag in die öffentliche Diskussion zu bringen.
Mit einer Mogelpackung, die symbolisch die Wirkung des geplanten Gesetzes abbildet, erreichte die Thematik die Öffentlichkeit. Die Kundgebung vor dem Deutschen Bundestag, ein inzwischen fast 1000 mal abgerufenes Video, der Auftritt beim CDU- Parteitag in Hannover und eine Kundgebung beim Dreikönigstreffen der FDP ergänzten und verstärkten die öffentliche Wahrnehmung.
Inzwischen war das Thema auch in der Presse gelandet. Erste kritische Stimmen aus der CDU manifestierten sich im Antrag Julia Klöckners auf dem Parteitag. Hier wurde beschlossen, das Gesetz so nicht zu verabschieden. Der angenommene Antrag war eine deutliche Willenserklärung, daß die Bundestagsfraktion CDU diesem Entwurf so nicht zustimmen sollte.
Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger schließlich sagte am 6. Januar vor laufender Kamera zu, keine Probleme mit dem Zeitplan zu haben. Mehr Zeit für Diskussionen sei möglich.
Am 17. Januar schließlich fand in Berlin in der Parlamentarischen Gesellschaft auf Einladung des Nationalen Suizidpräventionsprogramms und unter Schirmherrschaft des Behindertenbeauftragen der Bundesregierung, Hubert Hüppe, eine Fachtagung zum Thema „Beihilfe zur Selbsttötung – §217 StGB. Wer darf straffrei mitwirken?“ statt. Die Einzelbeiträge der Referenten werden in den nächsten Tagen veröffentlicht werden.
Alle Referenten der Fachtagung waren sich einig, daß dieser Gesetzentwurf im Hinblick auf das vorgebliche Ziel, assistierten Suizid zu unterbinden, unwirksam sei.
Hubert Hüppe brachte es auf die knackige Formel, es sei so, als wolle man das „Falschparken auf dem Mars verbieten“. Allein der stellvertretende Vorsitzende der CDU – Bundestagsfraktion, Dr. Günter Krings, beharrte darauf, besser ein schlechteres Gesetz als kein Gesetz. Dem allerdings widersprachen die anwesenden Experten vehement, da das geplante Gesetz nicht nur unwirksam sondern sei, sondern auch das offen legalisieren, was es nicht verbiete, nämlich die organierte Hilfe zum Suizid, womit im Grunde eine Form aktiver Sterbehilfe durch die Hintertür eingeführt werde.
Da sich inzwischen in der CDU- Fraktion wohl nennenswerter Widerstand gegen das Gesetz regt, ist jedenfalls die schnelle Verabschiedung vom Tisch. Auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages findet sich unter dem ursprünglich geplanten Termin (31.1.2013) keine 2. und 3. Lesung zum §217 StGB.
Die CDU – Fraktion plant für Ende Januar eine offene Fraktionssitzung, zu der auch noch mal Experten eingeladen werden sollen.
Bis dort eine Entscheidung gefallen ist, ist erst einmal wieder alles offen.
Wir werden auf dieser Seite am Ball bleiben und unser Motto:
Für einen besseren §217
weiter verfolgen.